Design4Recyclability: Was macht eine „gute" Verpackung aus?
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Verpackungen erfüllen viele verschiedene Aufgaben: Sie schützen Produkte, liefern Informationen, müssen transporttauglich sein, den Verbraucher ansprechen – und im Idealfall sind sie leicht zu recyceln.
Hery Henry, ein führender Experte für Design für Recyclingfähigkeit bei Wipak, einem Hersteller innovativer Verpackungslösungen, erklärt uns, wie Design die Recyclingfähigkeit beeinflusst und wie Verbraucher und Industrie zu einer Kreislaufwirtschaft beitragen können.
"Wenn wir von Design4Recyclability sprechen, meinen wir intelligentere Designs für die Produkte, die wir konsumieren", erklärt Hery Henry. Im Jahr 2020 wurden nur etwa 38 % der Kunststoffverpackungen in der EU tatsächlich recycelt. "Wenn Designer darüber nachdenken, wie sie Verpackungen herstellen können, müssen sie auch darüber nachdenken, wie sie nach dem Gebrauch entsorgt werden."
Material, Form und Farben bestimmen, wie gut sich Verpackungen recyceln lassen
“Die Hierarchie lautet: Reduce, Reuse, Recycle, also Reduzieren, wiederverwenden, recyceln"”,
Hery Henry
"Das Ziel ist, das Material von Anfang an zu reduzieren und der Wertschöpfungskette gar nicht erst zuführen. Wir müssen alles so klein und leicht wie möglich gestalten", sagt Hery. "Die Form der Verpackung ist etwas kniffliger, da die verschiedenen Phasen der Lieferkette unterschiedliche Ansprüche haben. Beim Einkaufen im Geschäft, während der Lieferung, wenn sie ins Regal geschlichtet wird und auch, wie gut sie durch den Sortier- und Recyclingprozess geht - das hängt alles vom Design der Verpackung ab."
Müssen wir Butter in das gleiche Material einwickeln, aus dem wir Autos herstellen?
Beim Material gibt es noch viel Luft nach oben. "Butter ist zum Beispiel immer noch in Aluminium eingewickelt. Bei Wipak haben haben wir eine komplett metallfreie Butterverpackung entwickelt, die auf Papier basiert und direkt nach dem Abkratzen recycelt werden kann, ohne sie zu waschen", erklärt Hery Henry. Erste Tests zeigen, dass die Verpackung den CO₂-Fußabdruck um etwa 70% reduzieren kann, bei der Massenproduktion könnte die Reduktion noch viel höher ausfallen. "Ein weiteres Zauberwort ist Monomaterial, also Verpackungen, die aus nur einer Kunststoffsorte hergestellt wurden", sagt Hery Henry. Während für die meisten von uns alles gleich aussieht, können Verpackungen aus bis zu 11 verschiedenen Materialschichten bestehen.
Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff
Kunststoffe haben unterschiedliche Schmelzpunkte und verwandeln sich in verschiedene Arten von Resin, aus dem wir verschiedene Endprodukte herstellen können. Und in den meisten Fällen können wir den Kunststoff nach dem Recycling nicht für die gleiche Anwendung wiederverwenden. Darüber hinaus müssen im Recyclingprozess die verschiedenen Farben einzelner Produkte berücksichtigt werden. "Wenn wir chemisches Recycling verwenden, unterscheiden wir nicht nach Farben. Aber beim mechanischen Recycling sind einige Farben in der Tat besser als andere, denn wenn man sie später in Form des Rezyklats wiederverwendet, erhält man je nach Ausgangsfarbe eine stylische Verpackung oder - wenn man zu viele Farben mischt - eine Art schmutziges Grau oder Braun", sagt Hery Henry.
Warum Glas nicht die bessere Lösung ist
"Nehmen wir ein ganz praktisches Beispiel. Wir verpacken viele Dinge in Glasflaschen und gehen davon aus, dass das nachhaltig ist, weil Glas seit langem recycelt wird. Die Kapazität ist da und Glas ist Glas, sprich, es kann immer wieder für die gleiche Anwendung verwendet werden. Aber Flaschen sind sehr schwer. Sie brechen leicht, sind umständlich zu transportieren und sie verbrauchen viel Platz, wenn wir sie in eine Kiste schlichten. Eine Alternative wären wiederverschließbare Stehbeutel, so genannten Pouches. Sie fallen nicht um, sehen gut aus und sind viel leichter. Und wenn sie aus nur einem Material sind, können sie leicht recycelt werden."
"Trotz des fehlenden Recyclings ist der komplette CO2-Fußabdruck von Kunststoff im Vergleich zu anderen Lösungen wie Aluminium oder Glas sehr gering. Was wir also dringend lösen müssen, ist das Entsorgungsproblem. Wir müssen diese wertvollen Materialien zurückgewinnen und wiederverwerten.“ Die gute Nachricht: Es gibt bereits Lösungsansätze wie bessere Sortieranlagen und zum Beispiel digitale Wasserzeichen. Das Problem sind die mangelnden Recyclingkapazitäten. „Da wird zum Glück viel investiert, es dauert nur ein paar Jahre, bis wir die Auswirkungen dieser Investitionen auch sehen“, sagt Hery Henry.
Ist Design für Kompostierbarkeit eine Lösung?
Kompostierbare Kunststoffverpackungen klingen zwar sehr verlockend, doch die Möglichkeiten dafür sind heute leider noch sehr begrenzt. Der Kunststoff kann nicht einfach im Garten entsorgt werden, sondern muss in einer Hochenergieanlage industriell kompostiert werden. "Und so ist der CO₂-Fußabdruck im Vergleich zu herkömmlichen Verpackungen sehr hoch. Im Moment ist das Endergebnis tatsächlich schädlich für die Umwelt. Aber so wie bei Wind- und Solarenergie, deren Leistung vor 20 Jahren noch überschaubar war und die heute eine wichtige Energieform sind, könnte das in Zukunft auch für kompostierbare Kunststoffe gelten", sagt Hery Henry.
Die Wichtigkeit der Verbraucherentscheidungen
Denken Sie an die Regel "Reduzieren, Wiederverwenden und Recyceln". Hery Henry: "Wenn wir in der Lage sind, etwas zu reduzieren oder gar nicht zu verwenden, ist es das Beste. Wenn wir zum Beispiel Nachfülllösungen oder sehr leichte Varianten verwenden können, auch gut. Und im Endeffekt müssen wir uns die Verpackung sehr genau ansehen." Dabei brauchen die Konsumenten ein wenig Hilfe, um bessere Entscheidungen zu treffen. Hery Henry: „Die Daten zeigen, dass Verbraucher bereit sind, mehr zu bezahlen, wenn sie wissen, dass die Verpackung nachhaltiger ist und einen glaubwürdig geringeren CO₂-Fußabdruck hat. Es hat auch langfristige Auswirkungen darauf, wie wir in Zukunft Entscheidungen treffen. Wenn uns etwas gefällt und es unseren Werten entspricht, kaufen wir es nochmal. Und wieder zeigen Untersuchungen, dass sich Verbraucher schuldig fühlen und teilweise nicht glücklich sind mit den Entscheidungen, die sie treffen müssen. Man hat das unangenehme Gefühl, die Nachhaltigkeit im eigenen Haushalt nicht wirklich unter Kontrolle zu haben. Als Branche sind wir also in der Verantwortung, dem Konsumenten wichtige und richtige Signale für die Entscheidung – kurzfristig im Geschäft und auch langfristig für die Zukunft – zu geben", resümiert Hery Henry.